Landkreis ehrt Wasserstoff-Experten Prof. Lehmann

Er brachte das Umwelt-Thema schlechthin Wasserstoff nach Stralsund, ist Vordenker und besticht mit Konsequenz.

Der Physiker und ehemalige langjährige Leiter des Institutes für Regenerative Energie Systeme (IRES) an der Hochschule Stralsund (HOST), Prof. Dr. Jochen Lehmann, ist beim Sommerempfang des Landkreises Vorpommern Rügen auf dem Flughafen Barth geehrt worden. Anlass sind allgemein seine Leistungen rund um die Wasserstoffforschung und im Speziellen, dass er den Grundstein für die Wasserstoff-Forschung in Stralsund und damit der Region legte. Der Wirtschaftsminister des Landes, Harry Glawe (CDU), und Landrat Dr. Stefan Kerth (SPD) überreichten gemeinsam die Urkunde, Blumen und – was sonst - Wasser (in Form von Wodka). Was heute politisch en vogue ist, hat Prof. Lehmann schon vor Jahrzehnten vorausgesehen, stieß die Realisation an der Hochschule Stralsund Mitte der 90er Jahre an und brachte seine Expertise zur konsequenten Weiterentwicklung der Fachkräfteausbildung ein. Dafür erntete Prof. Dr. Jochen Lehmann beim Empfang verdienten Applaus – wie auch für den charmant konsequenten Umstand, dass der rege Professor im Ruhestand die rund 35 Kilometer Anreise zum Empfang aus seinem Wohnort Wustrow mit dem Fahrrad zurücklegte. Lehmann bedankte sich für die Ehrung mit dem Hinweis, dass diese Entwicklung an der Hochschule nicht möglich gewesen wäre, wenn andere Kollegen nicht daran weitergearbeitet hätten und die Technologie- und Laborentwicklung weiter vorangebracht hätten.


Wasserstofftechnologie fasziniert Besucher des Sommerempfangs

Der Landrat hatte das IRES überdies eingeladen, mit Wasserstoffexperimenten und dem ThaiGer H2-Rennwagen vor Ort zu sein. Der Stand wurde von den Besucher*innen des Sommerempfangs mit regem Interesse aufgenommen: Viele Akteur*innen, darunter Gemeinde- Bürgermeister*innen und der Geschäftsführer der Verkehrsgesellschaft Vorpommern-Rügen VVR, Ulrich Sehl, informierten sich über den Stand der Technik und die Umsetzbarkeit vor Ort. Auch künftige Zusammenarbeiten wurden thematisiert. Auch der Minister für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Christian Pegel (SPD), suchte das Gespräch mit der HOST, von der neben Lehmann auch Rektorin Prof. Dr. Petra Maier, Kanzler Dr. Thomas Bartnitzki und vom IRES-Institut auch Mitarbeiterin Romy Sommer, Prof. Dr. Thomas Luschtinetz und der Leiter Prof. Dr. Johannes Gulden vertreten waren.


Wegweisende Grundideen in der Wendezeit

In einer – Lehmanns Verdiensten angemessen – umfangreichen Laudatio blickten die Ehrenden auf seine Errungenschaften. Lehmann war vor der Wende bei der Ingenieurhochschule für Seefahrt Warnemünde Wustrow tätig und hatte dort schon in einer Wasserstoffarbeitsgruppe mitgearbeitet. Mit dem ersten konventionellen Windrad in seinem Wohnort Wustrow, das am 10. Oktober 1989 in Betrieb genommen wurde, kam ihm die Idee, dass der Windstrom auch gespeichert werden muss, wenn man den vor Ort erzeugten Strom auch vor Ort nutzen möchte, um unabhängig zu sein. Die Elektrolyse war längst erfunden und die Batterietechnologie seinerzeit noch nicht so weit, weshalb nur ein Wasserstoffspeicher in Frage kam. 1991 fing Lehmann als Gründungsprofessor für Physik an der Fachhochschule Stralsund an. Auf die Frage nach lohnenden Forschungsschwerpunkten, stieg Lehmann schnell mit dem Wasserstoffthema ein und seiner konkreten Vorstellung, was dazu alles an Laborinfrastruktur aufgebaut werden muss. Auf einer Bierdeckelskizze 1992 zeichnete er die Grundversorgung auf. Und schuf damit eine wegweisende Grundidee.


Anlagen im größeren Maßstab für die Ausbildung junger Ingenieur*innen

Vor dem Hintergrund, dass eine Fachhochschule Ingenieur*innen für den Industrieeinsatz ausbildet, war es sinnvoll hier auch ein Labor zu haben, in dem solche Anlagen in größerem Maßstab stehen. Mit dem Aufbau einer Wind-PV-Wasserstoffkette auf dem Campus war die Hochschule Stralsund damals Vorreiter. Die Speicherung und Rückverstromung des Wasserstoffs für die Sicherstellung der Netzstabilität war seinerzeit noch kein Thema. Für Prof. Lehmann war es damals offensichtlich, dass sich in Vorpommern in Zukunft sehr viele Windräder drehen werden und eine Ausbildung in diese Richtung sich lohnen würde. Noch 2012 war die HOST die einzige Fachhochschule und das einzige Energielabor mit einem eigenen Windrad – und die Forscher waren die Ersten, die auf eine Vergleichmäßigung des fluktuierenden erneuerbaren Stroms im Netz hingearbeitet haben.