Finnland - South-Eastern University of Applied Sciences (XAMK)

Ein Traum der beinahe zerplatzt wäre
Jennifer S. L., International Management Studies in the Baltic Sea Region (BMS), 6. Semester, Finnland, South-Eastern University of Applied Sciences (XAMK), Sommersemester 2022
Moi, minä olen Jennifer. Ich studiere im dritten Jahr BMS an der Hochschule Stralsund und habe mein 6. Semester im s(chn)eereichen Finnland verbracht. Die Entscheidung, in dem nordischen Land mein Auslandssemester zu verbringen, fiel mir sehr leicht. Bereits beim Informieren über potenzielle Studiengänge während meiner Abiturzeit ist mir Stralsund mit dem Studiengang International Management Studies in the Baltic Sea Region im Gedächtnis geblieben und das nicht nur wegen dem auffallend langen Namen, sondern der Möglichkeit, einen Double Degree Abschluss in Kooperation mit der Xamk in Kouvola zu absolvieren. Seitdem ich an einem kurzen Schüleraustausch mit einem finnischen Gymnasium teilgenommen hatte, träumte ich davon, in das Land der Moomins zurückzukehren.
Bewerbungsprozess & Vorbereitung
So zählte ich von Studiums Beginn an die Tage bis zum Start des Bewerbungsprozesses. Dieser lief durch die tolle Unterstützung der Mitarbeiter der Host ohne Probleme ab und nach der Zusage stand der Reise nach Finnland im Wintersemester 21/22 nichts mehr im Weg. Doch Corona hat einen Strich durch die Rechnung gemacht. Durch weiterhin steigende Fallzahlen entschloss sich die Xamk in dem Jahr 2021 keine Erasmusstudenten anzunehmen, um erst mal Ruhe und Ordnung auf ihrem Campus einkehren zu lassen. Ich war enttäuscht und zu diesem Zeitpunkt nicht mal sicher, ob und wie es für mich dennoch möglich wäre, am Double Degree Programm teilzunehmen. Laut der Abmachung zwischen Host und Xamk müssen dafür bereits festgelegte Kurse aus dem Wintersemester absolviert werden. Zu meinem Glück erhielt ich dann im Herbst letzten Jahres die Zusage für das Sommersemester. Nun stand ich nur vor dem Problem, passende Kurse finden zu müssen, da niemand zuvor das Sommersemester dort verbracht hat und sie mit meinem angestrebten Abschluss abgestimmt werden mussten. Glücklicherweise steht uns Herr Prof. Dr. Jacobsen als Ansprechpartner für das Abkommen mit Finnland zur Verfügung. Er steht in Kontakt mit der finnischen Universität und so konnten wir schnell eine entsprechende Lösung finden. Anfang dieses Jahres meine langersehnte Reise antreten.
Unterkunft
Um die Suche einer Unterkunft musste ich mich selbst nicht kümmern. Unser Ansprechpartner an der Xamk übernahm die Organisation und schickte einige Wochen vor Anreise alle wichtigen Informationen zur Unterkunft zu. Da man sich vor der Abreise um zahlreiche Dinge kümmern muss, war ich sehr froh, dass mir eine große Aufgabe abgenommen wurde. Auch der Mietpreis ist mit rund 270€ für finnische Verhältnisse gering. Natürlich darf man nicht erwarten, in ein Schloss einzuziehen. Die studentische Unterkunft besteht aus zwei Häusern, welche ausschließlich von Erasmus Studenten und internationalen Vollzeitstudenten bewohnt werden. Wir wurden automatisch in eine 2er oder 3er WG eingeteilt, nach Geschlecht getrennt und nur unter den Erasmus Studenten. Manche schreckt das vielleicht ab, aber ich würde es jedem empfehlen, da man so automatisch neue Leute als auch andere Kulturen besser kennenlernt. Das Wohnheim bietet zudem an jeder Wohnung einen Balkon, von dem wir sogar Polarlichter beobachten konnten und den Luxus kostenloser Waschmaschinen. Der einzige Negativpunkt ist nur die Entfernung zum Campus, dieser liegt genau auf der anderen Seite der Stadt und ist gerade im Winter nur mit dem Bus zu erreichen, was immer gut abgepasst werden musste.
Studium an der XAMK
Die Busverbindung zum Campus haben wir in den ersten zwei Monaten jedoch kaum genutzt, da die Vorlesungen bis Anfang März ausschließlich online stattfanden. Dies war Fluch und Segen zugleich, da man an eisigen Tagen nicht gezwungen war das Haus zu verlassen, einem nach einiger Zeit aber doch die Wohnheimdecke auf den Kopf viel. Ich war froh, mich mit den anderen Businessstudenten für die Vorlesungen zusammensetzen zu können, denn so konnte jeder Tag etwas abwechslungsreicher gestaltet werden, wenn es mal wieder hieß: „Zu dir oder zu mir?“. Nach den Skiing Holidays starteten wir dann in die Präsenzvorlesungen, wobei der Campus in allen Punkten überzeugte. Nur fielen meiner Meinung nach die Vorlesungen nicht so lehrreich aus wie an der Host. Oft fehlten Struktur und die Fähigkeit, Studenten zum Mitarbeiten zu begeistern. Positiv aufgefallen ist mir jedoch der hohe Praxisbezug, welcher allerdings auch mehr Arbeit für uns bedeutete. So habe ich beispielsweise während des gesamten Semesters am Social Media Marketing eines Events in Kouvola mitgearbeitet. Dies verschaffte mir einen ersten praktischen Einblick in meinen Marketing-Major. Insgesamt war das Studium an der Xamk mit einem höheren Arbeitsaufwand verbunden, da diverse, über das Semester verteilte Teilleistungen die Endnote ergeben. Nur beherrschen die Finnen anscheinend nicht so ein strukturiertes Zeitmanagement wie wir, wodurch natürlich die meisten Aufgaben auf die letzten zwei Wochen verteilt wurden. Was in arbeitsreichen letzten Tagen mündete. 
Alltag & Freizeit 
Dennoch blieb neben dem Unistress Zeit für Aktivitäten. Ich fand es sehr schön, mit allen Erasmusteilnehmern unter einem Dach zu wohnen, da immer etwas los war, von spontanen Spieleabenden, über internationale Kochabende bis hin zu Partys. Sie haben das Leben im sonst eher tristen Kouvola sehr bereichert. Durch sie habe ich mehr als nur die finnische Kultur besser kennenlernen können. Kouvola selbst hat leider nicht so viel zu bieten. Die Innenstadt ist in fünf Minuten abgelaufen, wobei das Highlight wohl noch die Bars The Bank und Joleen Happy Bar sind, wo wir so einige lustige Abende verbrachten. Sonst ist das Shoppingcenter außerhalb der Stadt eine große Bereicherung, für das man aber auch eine halbe Weltreise auf sich nehmen muss. Natürlich ist der Ort wintersporttechnisch gut ausgestattet. Es gibt einen kleinen Skiberg, auf dem ich endlich mal wieder meine Snowboardskills unter Beweis stellen konnte. Nebenan kann man auch direkt Rodeln und Loipen führen durch die atemberaubende Natur. Auch das Schlittschuhfahren ist auf freizugänglichen Eisflächen möglich. Alles, was man braucht, sind Schlittschuhe, die man bereits für 1€ im Charity Shop erhält…wenn nur alles so günstig wäre in Finnland. Insgesamt sind die Lebenserhaltungskosten deutlich höher. Dies sollte man bei der Wahl stets im Kopf behalten. Für den Wocheneinkauf bin ich beispielsweise immer zur deutschen Supermarktkette meines Vertrauens gefahren, um etwas Geld zu sparen. Zudem kann ich das Beantragen einer Student ID sehr empfehlen, denn mit ihr spart man unter anderem bei Bus und Bahn, als auch in Bars. So unternahmen wir auch einige Ausflüge mit dem Zug. Helsinki war immer wieder einen Ausflug wert und auch die Wintersporthochburg Lahti ist nur einen Katzensprung entfernt, was uns die Liveverfolgung der Skisprung WM ermöglichte. Zu meinen persönlichen Highlights gehörten allerdings, eine Reise nach Tallinn und das Grillen an den weitverbreiteten öffentlichen Grillplätzen.
Fazit
Insgesamt war das Auslandssemester eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Ich habe einige großartige Leute kennenlernen dürfen, einen Einblick in ein anderes Bildungssystem erhalten und mich persönlich weiterentwickelt. Wer den Winter liebt, sollte auf jeden Fall das baltische Land als Ziel wählen. Zudem zeigt sich Finnland in vielen Bereichen sehr innovativ, was viele neue Perspektiven eröffnet und zum Nachdenken anregt. Besonders lehrreich fand ich persönlich jedoch das Zusammenleben mit den unterschiedlichsten Kulturen, was mir wieder einmal zeigte, dass ich mich nicht an Deutschland gebunden fühle. Wer weiß, wo es mich in den kommenden Jahren noch hinzieht.