Fragt man Eva-Maria Mertens, Gleichstellungsbeauftragte der Hochschule Stralsund, wie viele Professorinnen die Hochschule Stralsund hat, muss sie die Antwort nicht nachschlagen. „Zu wenige!“ Und mit dieser Meinung steht sie – bis hoch zum Rektor – nicht allein da. Daher sucht die Hochschule gezielt nach Professorinnen. Diese können nicht nur, weil es wie für andere Arbeitgeber gesetzlich verankert ist, in Teilzeit arbeiten, sie können das auch wirklich gern. Für das Thema Teilzeit gibt es eine Willkommenskultur an der Hochschule Stralsund (und diese natürlich für alle Geschlechter). „Wir sind eine zertifiziert familienfreundliche Hochschule, bestehen jährlich das Audit, wir sind als familienfreundlicher Arbeitsgeber in unserer Stadt Stralsund ausgezeichnet, wir sind im Bündnis familienfreundlicher Hochschulen – Und wir nehmen das ernst“, sagt Eva Maria Mertens. Was an Möglichkeiten für die Mitarbeitenden gelte, gelte natürlich ebenso für die Professor*innen. Nur gerade in dieser Gruppe lohne es, dass auch nochmal zu betonen: „Sie sind erwünscht!“
Aber warum BRAUCHT es mehr Professorinnen?
Warum möchte die Hochschulleitung etwas pushen, was natürlich auch schon sehr gut mit versierten männlichen Kollegen funktioniert? „Es ist eigentlich ganz einfach“, sagt Eva-Maria Mertens, „Studentinnen brauchen Role Models. Sie orientieren sich, erwiesenermaßen für ihre Karrierepläne eher an Frauen – nach dem Motto „Wenn sie das schafft, kann ich das doch vielleicht auch.“ Generell sollten, so die Beauftragte, alle Personengruppen, die es in der Bevölkerung gibt, auch in der Professorinnenschaft sichtbar sein. „Gemischte Teams sind besser als homogene“, sagt die Gleichstellungsbeauftragte, das gelte auch für Professor*innen und damit auch ebensolche Kräfte, die die Fakultäten maßgeblich mitgestalten. Tatsächlich arbeiten und wirken 13 Professorinnen an der Hochschule.
Positives Beispiel
Wie das wirkt, zeige das Beispiel von Prof. Dr.-Ing Petra Maier. Im MINT-Bereich ist der Frauenanteil geringer. Die frühere Rektorin der Hochschule Stralsund, die sich aufgrund ihres Forschungs- und Lehrinteresses nicht nochmal zur Wahl stellte, wurde beispielsweise auch von der Universität Lund aufgrund ihrer Forschungsleistungen sowie ihres Verständnisses für Gleichstellung zu einer Lise-Meitner-Professorin ernannt. Bei Prof. Dr.-Ing. Petra Maier arbeiten an der Fakultät für Maschinenbau an der Hochschule Stralsund zwei Doktorandinnen. Ein Weg, den auch Prof. Dr. Ivonne Honekamp beschreiten möchte. Sie engagiert sich derzeit dafür, dass ihre wissenschaftliche Mitarbeiterin über eine kooperative Promotion ihren Doktor-Titel erlangen kann. Sie betreut das Projekt Nahversorgt an der HOST. „Frauen ziehen Frauen nach. Man kann Vorstellungen von Rollenbildern durchbrechen und so manchem/r neue Sichtweisen eröffnen. Das Gehirn denkt in Bildern“, sagt Eva-Maria Mertens. Es gehe nicht darum, Frauen künstlich in Positionen zu hieven, sondern darum, das vorhandene Potenzial von weiblichen Führungskräften und Professorinnen beziehungsweise Doktorinnen nicht ungenutzt zu lassen, weil es fiktive Rollenbilder und reale Familienaufgaben gibt. Wer argumentiert, dass die Care-Arbeit sich auf beide Partner verteilt, den belehrt die Statistik, dass das zumindest (bei weitem) nicht geleichberechtigt geschieht. „Aber darum geht es, um Gleichberechtigung und dass sich unsere Welt weiterbewegt, mit kompetenten Professoren und Professorinnen. Wir brauchen und wollen beide“, so die Gleichstellungsbeauftragte.
Angemerkt
Um sich als Doktor*in an einer Hochschule für angewandte Wissenschaften als Professor*in zu bewerben, braucht es, anders als an Universitäten, nicht unbedingt eine Habilitation. „Wir wollen Praktiker*innen“, sagt Eva-Maria Mertens, und so sind für eine Hochschulprofessur zusätzlich zur Promotion fünf Jahre Praxiserfahrung, davon drei außerhalb von Universitäten und Hochschulen, gefragt.