Mit Prof. Dr. Günter Jorke (28.08.1939 – 19.09.2024) ist der Gründungsrektor der Hochschule Stralsund verstorben. Günter Jorke wurde 85 Jahre alt. „Selbstbestimmt, zufrieden und erleichtert“ sei er aus dem Leben geschieden, schreiben seine Hinterbliebenen in der Traueranzeige. Die Abschiedsfeier mit anschließender Urnenbeisetzung findet am 1. November 2024 um 11 Uhr in der Trauerhalle des Friedhofs Lichtenhagen-Dorf statt.
Günter Jorke genießt bis heute einen ausgezeichneten Ruf an der Hochschule Stralsund – fachlich, in der Führung und menschlich hat er viele von sich überzeugt. Er hat einen wesentlichen Anteil am Aufbau und den Strukturen der Hochschule.
Prof. Dr. Günter Jorke wurde mit der Gründung der Fachhochschule Stralsund zum 1. September 1991 vom Bildungsminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern zum Gründungsrektor berufen. Am 2. September 1991 nahm der Gründungsausschuss mit Günter Jorke als Rektor seine Arbeit auf. „Er als Wissenschaftler der Universität Rostock erhielt den Auftrag in Stralsund einen neuen Hochschultyp ins Leben zu rufen – eine Fachhochschule, die zwischen den Universitäten Greifswald und Rostock ihren Platz finden sollte. Dieses erledigte Prof. Jorke gemeinsam mit seinem neuen Rektorat in hervorragender Qualität“, so Rudi Wendorf, der Leiter der Abteilung Technologie- und Informationstransfer war.
Am 16. Juni 1994 wurde Jorke auf der 1. Konzilsitzung gewählt, am 1. Juli 1994 vom Land als erster demokratisch gewählter Rektor der FH Stralsund in sein Amt eingeführt. Am 7. Juni 1995 erklärte er seinen Rücktritt, im August 1995 wurde er vom Land entbunden. Er blieb engagiert in Lehre und Forschung bis zum 31. August 2004, seinem Pensionsalter, an der Hochschule.
„Er hat einen wesentlichen Anteil daran, dass die Hochschule so ist, wie sie ist“, sagt Steffie Sablotny. Als Mitarbeiterin der ersten Stunde im Büro vom ersten Kanzler Manfred Hülsmann hat sie auch nah am Rektor gearbeitet. „Wir sind arm, aber schnell“, das sei ein Satz, den er geprägt hatte – Es ging um den Aufbau der Hochschule, Gelder fehlten, Ziele waren groß und viele fanden eben trotzdem die Umsetzung, wie der Aufbau des Institutes für Regenerative EnergieSysteme (IRES), der auch unter Jorkes Ägide und in enger fachlicher Kooperation entstand. „Er war sehr erpicht darauf, die Forschung an der Hochschule voranzubringen“, erinnert sich Prof. Dr. Wolfgang Schikorr, der als Professor der Fakultät für Maschinenbau heute in Rente, als Leiter der Hochschulsportgemeinschaft noch im Dienst ist. Sehr kollegial, so habe er Jorke empfunden, „er wurde gemocht und respektiert“. Er war „ruhig, zielstrebig, nahbar“, sagt Steffie Sablotny, er hätte ein offenes Ohr gehabt, aber habe sich auch durchgesetzt, immer im Sinne der Sache, so bestätigen die Kolleg*innen.
Einer der ihn schon vor seiner Zeit als Rektor kannte, ist Prof. Dr. Thomas Luschtinetz vom IRES. Bis 1984 hatte er an der Universität Rostock Automatisierungstechnik studiert und dabei unter anderem bei Prof. Dr. Jorke Lehrveranstaltungen mit Praktikum in Analoger Rechentechnik absolviert. Auch während er für seine Promotion forschte, begegnete er Jorke. Und wurde 1992 nach erfolgreicher Bewerbung für das zu lehrende Fachgebiet Elektronische Bauelemente und Schaltungen unter Jorke, der mittlerweile Rektor geworden war, eingestellt. „Kollege Jorke habe ich als fachlich hochkompetenten Hochschullehrer erlebt, der sein Fachwissen mit hoher Arbeitsintensität (parallel zum Rektor-Amt) auf aktuellem Stand hielt – angesichts der forcierten Entwicklung der Informatik in Hard- und Software war dies beeindruckend und hoch anerkennenswert – und dies auch vom Kollegium erwartete. Mit hohem persönlichen Engagement hat er sich vorbehaltlos und uneigennützig als Gründungsrektor (und danach bis in den Ruhestand) für die Entwicklung unserer Hochschule – seinen hohen moralischen und fachlichen Maßstäben folgend – eingesetzt“, so Prof. Dr. Luschtinetz.
Der ehemalige Hochschul-Kanzler Manfred Hülsmann hielt die Laudatio an Günter Jorke, anlässlich dessen Pensionierung am 14. September 2004 in der Marienkirche, bei der Immatrikulationsfeier. Er kannte ihn gut. Mehr als 50 Jahre lang, erinnert sich Hülsmann damals wie heute, habe Jorke sich mit Elektrotechnik und Informatik befasst. Als 12-Jähriger, also 1951, schon habe er „Radios gebaut, Detektor-Empfänger mit Blei-Sulfid-Gleichrichter ohne Stromversorgung, danach Radios mit Elektronenröhren. Juli 1991 (also 40 Jahre später) Angebot vom Kultusministerium in Schwerin, Gründungsrektor in Stralsund zu werden. Amt angenommen, gute Wahl getroffen, absoluter Neuaufbau einer FH in der altehrwürdigen Hansestadt, eine Riesenchance!“ Auch er erinnert das „arm aber schnell“ und „wir kommen nur mit Katastrophen weiter“, so habe Jorke es gesagt. Die Gründer um Jorke hätten ein stabiles Fundament für die heutige Hochschule gegossen, „eins, was hohe Lasten tragen kann und was für lange Zeit gute Dienste für das Land und für die nachwachsenden Generationen leisten kann“. Und Hülsmann sagt weiter: „Seine charaktervolle Streitkultur war lange wichtige Grundlage des Hochschulinnenlebens ... niemals blieb Negatives aus Streitgesprächen zurück! Das war seine Handschrift ... Er war als unser erster Rektor der richtige Mann zur richtigen Zeit an richtiger Stelle.“
Günter Jorke war 1972 von Dresden an die Ostsee gekommen, hatte in Elmenhorst bei Rostock gewohnt. 20 Jahre hatte er an der Universität Rostock gearbeitet und war nach der Wende Rektor und Hochschullehrer in Stralsund geworden. Nach seinem Ruhestand 2004, arbeitete er noch fünf Jahre im eigenen Ingenieurbüro an der Entwicklung von Digitalchips. Danach widmete er sich der Natur, unter anderem der Umrüstung seines Hauses auf ein Niedrigenergiehaus, gedämmt mit Steinwolle und Seegras, umgestellt auf Solarthermie und Kaminheizung mit Wassererwärmung. Er engagierte sich für Umweltschutz und Landschaftspflege, pflanzte selbst Bäume und gab sie weiter und war im Verein tätig. Statt Blumen bat der erste Rektor für seine Beisetzung um eine Spende an die deutsche Umwelthilfe, so sagt es die Traueranzeige, verfasst von seinen Töchtern und Familien.
Die Hochschule nimmt Abschied von ihrem Gründungsrektor Prof. Dr. Günter Jorke und wird sein Andenken bewahren.