Laut brummt die Umwandlungsanlage, an der aus Windenergie erzeugter Strom aus Wasserstoff und Kohlendioxid flüssiges Methanol produziert. Professor Johannes Gulden, Leiter des IRES, erklärt detailliert die Einzelheiten der Anlage und überreicht Christian Pegel, Minister für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung in Mecklenburg-Vorpommern, eine Flasche mit der durchsichtigen Flüssigkeit Methanol. Mit der weltweit einzigartigen Anlage an der Hochschule Stralsund kann die Gewinnung und Speicherung von Strom aus erneuerbaren Energien direkt vor Ort durchgeführt werden. Sie wandelt Wasserstoff und Kohlenstoffdioxid um in Methanol, einen chemischen Grundstoff, den es bisher nur aus fossilen Energieträgern gab.
Wasserstoff wird damit als Energieträger und Grundchemikalie für die Wirtschaft ohne große Hürden nutzbar, denn es müssen keine komplizierten Umbaumaßnahmen in den Anlagen vorgenommen werden. Sowohl Wasserstoff, als auch der zur Umwandlung benötigte Strom können aus regenerativen Energien erzeugt werden und sind damit nahezu emissionsfrei. Umweltfreundlicher geht es kaum.
Christian Pegel zeigt sich begeistert von dem Forschungsergebnis:
„Wir haben immer vor Augen, dass wir bei den erneuerbaren Energien über die eigentliche Stromproduktion hinaus eine Wertschöpfung für Mecklenburg-Vorpommern generieren. Ich bin überzeugt, dass da, wo die Anlagen stehen und Teilspeicherung stattfindet, sich langfristig Unternehmen ansiedeln und mit den verschiedenen Produkten, die aus Methanol entstehen, arbeiten können. Das bringt den Menschen hier im Lande Arbeit und beschert Arbeitsplätze.“
Johannes Gulden, Leiter des Instituts für Regenerative EnergieSysteme, erklärt die beiden entscheidenden Innovationen an der Anlage:
„Die Flexibilität am Strommarkt ist das Neue, das wir hier mit dieser Anlage zeigen können. Denn wenn es so ein Tag ist wie heute, die Sonne scheint, der Wind weht, dann kommt Strom aus erneuerbaren Energien und dann klappt die Methanol-Umwandlung gut. Aber wenn das nicht der Fall ist, muss die Methanolanlage eigentlich in eine Art Ruhe fahren, bzw. schnell wieder anfahren, wenn der Wind wiederkommt. Diese Anlage liefert also nicht nur flüssigen Strom aus erneuerbaren Energien, sondern kann ihn auch stabil im Netz halten.“
Zukünftig wird grünes Methanol womöglich mehr Geld einbringen als der bisher aus erneuerbaren Energie hergestellte Strom. Christian Pegel dazu:
„Ich glaube, dass der Blick auf grün erzeugte Produkte immer stärker wird. Die Nachhaltigkeitsfrage wird heute in allen Bereichen gestellt. Auch das ist ein Effekt, der uns hoffen lässt, dass sich bei der Wertschöpfung für die Wirtschaft Folgeeffekte ergeben.“
Johannes Gulden bringt Beispiele für die Nutzung des Energieträgers:
„Die Bedeutung von Methanol liegt für Mecklenburg-Vorpommern vor allem in der Nutzbarkeit als Treibstoff oder Treibstoffbeimischung in der Schifffahrt, um CO₂-neutraler zu werden. Außerdem kann es die CO₂-Wende auch in der chemischen Industrie voranbringen. Hier müssen jetzt kein Erdgas und keine fossilen Öle mehr eingesetzt werden. Wir können auch regenerativen Strom aus den endlos zur Verfügung stehenden Mengen an Sonnen- und Windenergie nutzen, um chemische Grundstoffe zu produzieren.“
Zur Präsentation der Anlage sind neben Oberbürgermeister Dr. Alexander Badrow auch der Landrat des Kreises Vorpommern-Rügen, Dr. Stefan Kerth, auch viele weitere Vertreter aus Wirtschaft und Politik gekommen. Henning Edlerherr, Initiator und Leiter der Arbeitsgruppe „Grünes Methanol für die Schifffahrt“ beim Maritimen Cluster Norddeutschland, ist ebenfalls begeistert von den Möglichkeiten, die sich mit der Produktion von grünem Methanol auftun:
„Wasserstoff ist kein zugelassener maritimer Treibstoff. Das ist bei Methanol anders, das kann flüssig in Tanks an Bord gebracht und gelagert werden. Und wenn das Methanol aus grünen Quellen gewonnen wird, wie hier demonstriert, wird es auch möglich, den Kohlenstoffkreislauf zu schließen und klimaneutrale Schifffahrt zu betreiben.“
Christian Schweitzer, Geschäftsführer der bse Engineering Leipzig, die als Kooperationspartner an der Konstruktion der Anlage mitgewirkt hat, stellt noch einmal heraus, welche Schritte als nächstes gegangen werden sollten:
„Wir müssen die vorhandenen und teilweise ungenutzten Ressourcen Strom und Kohlendioxid dazu verwenden, in der vorhandenen Infrastruktur fossile Energieträger zu ersetzen und dann Kapazitäten schaffen, damit Methanol für die Industrie immer verfügbar ist.“
Fotos: Tobias Hieltscher | Rechte: Hochschule Stralsund