Von der Katastrophe zum absoluten Glücksfall


Der Weg der Projektfreundschaft zwischen NORIS und der Hochschule Stralsund.

Prof. Dr. Leander Marquardt von der Fakultät für Maschinenbau berichtet hier, wie die Firma NORIS Automation Rostock und ein Team der Hochschule Stralsund in einem gemeinsamen Kraftakt ein Projekt retteten, als ein Partner plötzlich ausschied, und in guter Kooperation über zehn Jahre auch schwierige Aufgaben meisterten.

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Der Erfolg oder Misserfolg bei gemeinsamen Projekten hängt immer maßgeblich von dem Miteinander der beteiligten Personen ab. Dabei ist es egal, ob es sich um private Kleinprojekte wie die Renovierung der Wohnung gemeinsam mit den Familienmitgliedern oder um eine mehrjährige Verbundforschung mit einem industriellen Partner handelt. Aus diesem Grund berichten wir sehr gern über die Zusammenarbeit mit der Firma NORIS Automation Rostock, die als etablierter Anbieter für Automation und Steuerung von Antriebsanlagen auf Schiffen am Markt vertreten ist.


Erstes Projekt: Die Entwicklung eines Mikro-BlockheizkraftwerksVor mehr als 10 Jahren begann der gemeinsame Weg an sich mit einer Katastrophe. In einem gemeinsamen Verbundvorhaben, das sich mit der Entwicklung eines Mikro-Blockheizkraftwerks (BHKW) für die trivalente Feuerung mit Benzin, Erdgas und Wasserstoff befassen sollte, schied zur Projekthalbzeit der für die Automatisierung der Anlage zuständige ursprüngliche Projektpartner aus. Damit wäre das gesamte Vorhaben hinfällig gewesen. NORIS bot sich hier als Ersatz an. In einer gemeinsamen Kraftanstrengung konnten in der verbleibenden Zeit die maßgeblichen Projektziele erreicht werden. Mit handelsüblichen Komponenten gelang die Umrüstung eines konventionellen mit Benzin gefeuerten Stromerzeugers auf den Betrieb mit Erdgas und Wasserstoff. Die Verwendung desselben Mischsystems für beide Kraftgase war aufgrund der sehr unterschiedlichen Gaseigenschaften von allen Experten als wenig aussichtsreich bewertet worden. Die preislichen Zielvorgaben ließen aber keine andere System-Architektur zu.

Von den Schreckmomenten zu den geeigneten Parametern

Der Betrieb mit Erdgas aus dem Stralsunder Netz verlief unspektakulär. Von der ursprünglichen 6 kW Leistung im Benzinbetrieb blieben mit Erdgasfeuerung ca. 4,5 kW übrig. Das Ergebnis war für alle Projektbeteiligten zufriedenstellend.

Spannend wurde der Wasserstoffbetrieb. Trotz der in den Laboren „Regenerative Energien“ und „Kolbenmaschinen“ vorhandenen Erfahrungen wurden hier immer wieder irreguläre Verbrennungsabläufe im Zylinder detektiert. Problem war dabei nicht die von allen erwartete klopfende Verbrennung, sondern das Auftreten von massiven Rückzündungen in das mit dem explosiven Wasserstoff/Luft-Gemisch gefüllte Ansaugsystem. Diese Störungen im Verbrennungsablauf traten sporadisch nicht etwa bei Volllast, sondern danach bei bereits reduzierter Motorleistung auf und sorgten immer wieder für Schreckmomente. Mit umfangreichen Untersuchungen konnten schlussendlich kurz vor Projektende geeignete Parametersätzen für den sicheren Betrieb gefunden werden.

Aus guter Zusammenarbeit folgen weitere gemeinsame Projekte

Während der gesamten Laufzeit war immer wieder bemerkenswert, wie lösungsorientiert die Sachbearbeiter und Leitungsebenen von NORIS agierten. Das weckte bei uns den Wunsch, diese erfolgreiche Partnerschaft in weiteren gemeinsamen Projekten fortzuführen. Eine Möglichkeit dafür ergab sich bei NORIS mit der strategischen Entscheidung zur Entwicklung einer neuen Generation von Steuerungen für Motor-BHKW. Um hier einen Teil der Entwicklungskosten über Forschungsförderung finanzieren zu können, wurde ein gemeinsamer Projektantrag zu neuartigen Ansätzen für emissionsorientierte Prozessführungen derartiger Anlagen gestellt und genehmigt.

Der Ansatz war vornehmlich in der Emissionsgesetzgebung für stationäre Motor-Kraftwerke in Entwicklungsländern zu suchen. Diese müssen in der Regel ohne eigene Emissionsüberwachung die Einhaltung der zugrunde liegenden Grenzwerte sicherstellen. Speziell die NOx-Emissionen sind dabei insbesondere von schwankenden Umgebungsbedingungen sowie den wechselnden eingesetzten Brennstoffen abhängig. Das führt häufig zur Notwendigkeit der Einstellung eines festen Parametersatzes, der die Einhaltung der Emissionsgrenzen unter den ungünstigsten vor Ort auftretenden Bedingungen sicherstellt. Wirkungsgradeinbußen sind die Folge.

Eine neue Generation von Motorsteuerungen und neue Herausforderungen

Im Rahmen des Projektes wurden empirische Ansätze für die Bedatung von Steuergeräten entwickelt, die die Abhängigkeit der NOx-Emissionen von Umgebungstemperatur, Umgebungsfeuchte und Brennstoffzusammensetzung sowie den Parametern der Motorsteuerung abbilden. Auf diese Weise wurde die tatsächlich vor Ort vorliegende NOx-Emission der Motoren abgeschätzt. Die Betriebsparameter konnten auf dieser Basis so angepasst werden, dass sich ergebende Emissionsspielräume zur Senkung des Brennstoffverbrauches nutzbar wurden, ohne die Emissionen hierfür tatsächlich zu messen.

Das Ergebnis dieser Entwicklungen war der Prototyp einer neuen Generation von NORIS-Motorsteuerungen. Die eingefügten Routinen zur Abschätzung der Emissionen funktionierten am Versuchsträger tadellos. Ein verbrauchsoptimierter Motorbetrieb unter Einhaltung vorgegebener Emissionsgrenzen war nun prinzipiell möglich. Der Prototyp ist seit sechs Jahren im Laboratorium für Kolbenmaschinen störungsfrei im Einsatz.


Ansätze, um latente Explosionsgefahr bei Schiffsmotoren zu bannen

Ein derzeit laufendes Projekt beschäftigt sich mit der latenten Explosionsgefahr durch Schmierölnebel im Triebraum großer Schiffsmotoren. Die Klassifizierer (quasi der Schiffs-TÜV) verlangen hier geeignete Überwachungsmaßnahmen in Form von Ölnebel-Detektoren oder Lagertemperaturüberwachungen. Speziell die Temperaturerfassung der bewegten Pleuellager stellt hier ein messtechnisches Problem dar, das derzeit nicht zufriedenstellend gelöst ist. Gemeinsam mit NORIS verfolgen wir hier einen neuartigen Ansatz zur berührungslosen, nicht-optischen Messung. Erste Ergebnisse sind vielversprechend.  Die Arbeiten werden fortgesetzt.

Einzylinder-Forschungsmotor FM16/24

Mit Vertrauen und Sympathie in die Zukunft

Der Wert der langjährigen Zusammenarbeit zwischen NORIS und der FH Stralsund beziehungsweise der HOST bei industrieller Kooperationsforschung ist in der strukturschwachen und abgelegenen Region Vorpommern nicht zu unterschätzen. Getrieben ist diese Zusammenarbeit von den guten Erfahrungen, dem gegenseitigen Vertrauen und auch der Sympathie der beteiligten Mitarbeiter.

Wir wünschen uns, dass diese Kooperation in gleicher Weise auch nach dem in Kürze anstehenden Generationenwechsel sowohl auf Seiten von NORIS als auch an der HOST fortbesteht.